Freiburger Donationsband (1582) im Stil à la fanfare

Als Buchbinder hat man das Glück, immer wieder einzigartige Bücher in den Händen halten zu dürfen. So geschehen im Rahmen meiner Arbeit bei der Kantons- und Universitätsbibliothek Fribourg mit dem Freiburger Donationsband aus dem Jahre 1582. Für diesen wertvollen und gut erhaltenen Pergament-Einband durfte ich eine schützende, säurefreie Buchklappschachtel herstellen. Doch für solch ein Meisterwerk wäre eine "einfache" Buchklappschachtel eine Beleidigung gewesen. Doch eins nach dem anderen. 

 


 

Bei dem Buch handelt es sich um eine lateinische  Ausgabe der Psalmen, die in Paris im Auftrag von Peterman Rudella hergestellt wurde. Auf dem Buchdeckel findet man auf Latein eine persönliche Widmung des Auftraggebers an den Empfänger, Sebastian Werro. Sinngemäss übersetzt lautet diese:

« Dem ehrwürdigen Herrn Sebastian Werro, eifrigem und würdigen Stadtpfarrer zu Freiburg vom Freiburger Patrizier Petermann Rudella anlässlich der Erneuerung des Bündnisses mit Heinrich III., allerchristlichstem König von Frankreich und Polen, sowie nach seiner glücklichen Rückkunft von Jerusalem aus Paris besorgt und zum Geschenke gegeben im Jahre 1582, nachdem die Jungfrau geboren hat, genau am Tage der Geburt Christi. »

Ein wahrlich fürstliches Weihnachtsgeschenk für Sebastian Werro, der 1577 zum Priester geweiht wurde und schon in jungen Jahren mit nur 25 Jahren Promotor (Geschäftsführer) der vom päpstlichen Nutius berufenen Reformsynode (1580) wurde. Er wird dann auch als 'genialer Werkmeister' beschrieben, der die 'Sendung Freiburgs erfasste und seine Zukunft gestaltete'. Anschliessend begab er sich auf die erwähnte Pilgerreise nach Jerusalem und wird auch in Rom seine Spuren als Doktor der Theologie hinterlassen. Auch als Literat erlangt er Berühmtheit. Für die Stadt Freiburg wird er gelegentlich mit diversen politischen Aufträgen zum Papst gesandt und wird nach seiner Rückkehr aus Rom 1549 die 'Seele der Freiburger Gegenreform'.

 

Über den Schenkenden, Peterman Rudella, ist weniger bekannt. Er erhielt für nicht belegte Dienste von Heinrich III. eine Pension und scheint auch sonst gute Verbindungen zum Französischen König gehabt zu haben. Er wird wohl beim Abschluss des Vertrags zwischen der Französischen Krone und Freiburg mit Werro zusammengearbeitet haben, oder von der prägenden Rolle Werros erfahren haben. Doch Rudellas politische Karriere schien später zu stocken, vermutet werden hier politische oder religionspolitische Meinungsverschiedenheiten. Er zog sich dann 1580 und 1581 in ein Kloster zurück - doch die Meinungsverschiedenheiten scheinen nicht allzu gross gewesen zu sein, bezahlte doch der Rat die Unkosten dieses Aufenthalts in einer für die damalige Zeit sehr ansehnlicher Höhe. Rudella arbeitete auch an einer Weltchronik und war deshalb über Politik und Geschichte sehr gut informiert. Wie die beiden Herren sich kennengelernt haben bleibt eine Vermutung. Klar ist: Knapp ein Jahr nach der Rückkehr von Werro erhielt dieser dann endlich sein Geschenk, was uns in Anbetracht der damaligen Postverhältnisse und der aufwändigen Herstellung solch eines Prachtsband nicht verwundern darf. 

 

 

Doch was macht diesen reich vergoldeten Einband so bedeutsam? Unsere Kenntnisse über die Pariser Buchbinder im 16. Jahrhundert sind recht lückenhaft. Dieser Stil der Vergoldung aber, der die gesamte Buchdecke mit einem feinen Netz von Blattranken und zierlichen Bogen- und Stempelornamenten spiralförmig überzieht, nennt man à la fanfare. Bei diesem Buch wird der Stil à la fanfare besonders unverfälscht und klassisch interpretiert. Ein perfektes Beispiel für den Stil à la fanfare. Das kleinformatige (110mm x 181mm x 41mm) Buch hätte im Vergleich zu den bekannten grossformatigen Büchern des Stils à la fanfare gar nicht den Platz für weitere Dekor-Elemente, die schnell zu einer Verworrenheit oder Überladung der Ornamentierung führen kann. Einzig eine Bourbonenlilie in jeder Ecke des Deckels, eine kleine Sternrosette als Füllornament, ein Kreis an den Scheitelpunkten des Mittelovals und schliesslich eine Blütenknospe ergänzen die Ranken. So wird bei allen Reichtum ein Einheitliches Muster geschaffen, dass Gleichmass, Ruhe und Harmonie ausdrückt, welches 'nur' mit verschiedenen Bogenlinien und sechs Prägestempeln gefertigt wurde. Der Buchbinder dieses Bandes war ein Meister seines Fachs. Die Technik und die Vergoldung ist einwandfrei und das handumstochene Seidenkapital sitzt wie angegossen. Die Eckenverarbeitung ist sauber und das Gold der Stempel glänz auch nach mehr als 450 Jahren noch scharf und mit perfekten Konturen. Es kann vermutet werden, dass der Schöpfer dieses Meisterwerks Nicolas Eve gewesen sein könnte. Auch Werro schien gefallen an diesem Buch zu haben, schrieb er doch in schönster Kalligraphie auf das Titelblatt in Latein:

« Eigentum des Sebastian Werro, Geschenk des edlen und hochgelehrten Mannes, Herrn Peter Rudella, zur lieben Erinnerung an ihn. »

 


 

Doch wie soll man als einfacher Buchbinder heutzutage, einem solchen alten Meisterwerk gerecht werden? Zum Schutz gegen Staub und Alterung sollte ich nun also eine passgenaue Buchklappschachtel für dieses Schmuckstück entwerfen. Papier, Karton und Leim sind natürlich säurefrei und entsprechen den gängigen Normen. Doch aussen versuchte ich, das Design des Buches aufzunehmen, damit es auch in den Regalen auf den ersten Blick erkennt wird. Entstanden ist eine Pergament-Buchklappschachtel mit weissen Lederrändern, mit einem Muster, dass das des Buches unterstützen, jedoch nicht konkurrieren soll. So erinnern die Blüten an den Stil à la Fanfare, doch der Rest des Musters besteht eher aus schlichten Linien. In der Hoffnung, dass dieses Buch so auch die nächsten Jahrhunderte überlebt und nicht in einer biederen Industrie-Archivschachtel übersehen wird und die Anerkennung erhält, dass es verdient. 

 


Quelle:

Von früherer und gegenwärtiger Buchbinderei

Bibliothek des Schweizerischen Gutenbergmuseums

Nr. 10 / 1944'

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